„Dann einmal in der Pension wäre ein Wohnmobil nicht schlecht, das könnte man irgendwo hinstellen, das Motorrad auspacken und durch die Lande fahren“, dass war ein Gedanke in meinem Kopf. Mit einem Wohnmobil sollte das Reisen preiswert und damit auch über etliche Wochen möglich sein. Ich muss zugeben an einem Tag, einem nasskalten Tag, in wunderschön verregneter schottischer Landschaft, mit nassen Händen und Füssen, habe ich einmal ganz kurz die Leute in ihren Wohnmobilen beneidet. Ok, bis zur Pension werden noch etliche Jahre vergehen also ein Projekt für irgendwann habe ich gedacht.
Bis bei der Nachbesprechung der Bike (= Motorrad Messe) 10.Februar 2017 im Marchfelder Hof in kleiner Freundesrunde meine liebe Frau Eva, während ich gerade zum WC unterwegs war, unseren Freunden berichtet hat wie toll sich unsere Beziehung entwickelt hat. „Unsere Beziehung würde es sogar aushalten wenn Andreas ein Wohnmobil baut!“ hat sie dabei gesagt. Am nächsten Tag hatte ich dann ein Foto von einem Ducato auf meinem Handy mit dem kleinen Hinweis: „Der wäre doch etwas für dein Wohnmobil, hihi“, ich habe darauf mit „haha, sehr lustig“ reagiert und das wäre es gewesen, wenn nicht Eva darauf gedrängt hätte mir das Auto doch ein wenig genauer anzusehen. Mario war dann so nett und hat noch ein paar Fotos gemacht und ein paar Detail herausgefunden, schließlich wohnt Mario im südlichen Burgenland und das sind doch 120km zu fahren. Langer Rede kurzer Sinn, nach einer Ankaufsüberprüfung beim ÖAMTC, einer kurzen Preisverhandlung, war der Ducato mein Ducato!
Ein Ducato Baujahr 2010 (X250), mit der 2,3l Maschine in der 120PS Version, mit Klimaautomatik, 150000km auf dem Buckel und einer sehr guten Basis, wie es der ÖAMTC Techniker ausgedrückt hat. Das Pickerl war frisch, wurde aber sicher nicht mit diesen Reifen gemacht und das Airbaglamperl brennt. Er schaut gut aus, hat aber (unglaublich viele) kleine Dellen. Nach ein paar Tagen war die Anmeldung, auf Wechselkennzeichen mit meinem Fiat 500, erledigt und ich konnte mein neues Auto abholen.
Nachdem ich mir nicht ganz so sicher war ob der Zahnriemen noch drinnen bleiben darf oder nicht habe ich denn Zahnriemen tauschen und neue Ganzjahresreifen montieren lassen, zwei kleine Stabilisator Teile wurden dabei auch gleich mit erledigt. Somit ist das Auto bis auf das Airbaglamperl in Ordnung und ich konnte beginnen die Verkleidungen auszubauen, den Dreck raus zu waschen und unendlich viel Klebeband ab zu kletzeln, wie man bei uns sagt. Parallel dazu hat die Planung begonnen, leider habe ich kein 3D Modell des Fiat bekommen so musste ich mir das Auto ausmessen. Ich muss sagen das war extrem mühsam, mein Model stimmt mit der Wirklichkeit aber recht gut überein.
Die Recherche nach diversen Bauteilen und Materialen füllte schnell eine lange Excel Liste und mit der Zeit wurde auch der Plan wie das Wohnmobil aussehen soll immer konkreter. Natürlich war schnell klar, dass wir zwei Einzelsitze mit Drehkonsolen brauchen um einerseits bequem fahren zu können, andererseits aber auch gleich den Platz für eine Dinette, so heißt der Tisch mit Sitzgelegenheiten in der Camper Welt offensichtlich, verwenden wollen. Ein gebrauchter Einzelsitz ist nicht zu vernünftigen Preisen zu bekommen, also möchte ich zumindest einen neuen Beifahrersitz von Sportscraft kaufen, die in allen Katalogen beworben werden. Mit Evas Rücken kann das aber ins Auge bzw. in den Rücken gehen. Ohne einmal Probegesessen zu sein ist der Kauf eines Sitzes doch russisches Roulett für uns. Ein sehr netter Herr von Sportscraft in Deutschland konnte mir keinen Partner in Österreich, aber eine Firma in der Nähe von München nennen wo alle Sitze ausführlich getestet werden können. Ich konnte einen Termin für Samstag ausmachen, dabei ist mir auch eingefallen, dass in der Nähe von München auch Isoliermaterial recht preiswert verkauft wird. Auch mit diesem Inhaber der Firma konnte ich mir einen flexiblen Samstag Termin vereinbaren. So konnten Eva und ich einen Ausflug nach Deutschland im „neuen“ Ducato machen. In Ermangelung des Wohnmobilausbaus haben wir uns für Freitagabend ein Hotelzimmer in Puch (Salzburg) gebucht. Die Reise war dann durchaus angenehm, die Umstellung auf „gemütlich“ fahren ist mir ganz gut gelungen. Am Samstag sind wir dann kurz vor München in heftigen Regen geraten und als wir dann von der Autobahn runter gefahren sind ist uns ein kräftiges Rauschen aufgefallen. Ein Rauschen IM Auto, bei einem kurzen Halt musste ich dann feststellen, dass der linke Längsholm mehrere Zentimeter hoch mit Wasser geflutet war! Die Begeisterung war gering, jedoch war der Zeitpunkt Gold richtig besser jetzt dieses Problem beheben als wenn alles eingebaut ist.
Der Besuch bei Herrn Riedel war so wie man es sich wünscht, ein kompetenter Handwerker in beste Sinne, der Wohnmobile mit links ausbaut. Alle Sportscraft Sitztypen sind im Büro zu einer Sitzgruppe aufgebaut, so konnten wir alle Sitze in Ruhe durchtesten und uns auch beraten lassen. Nach gefühlten 10 Runden Probesitzen war sich dann Eva sicher welchen Sitz sie bevorzugt, für mich war der auch ok. In der Zwischenzeit haben wir uns darauf geeinigt gleich zwei neue Sitze zu kaufen, das schaut doch besser aus und ist bequemer. Herr Riedel hat dann angekündigt dass es uns gleich auf den Popo setzen wird denn es braucht auch noch ein paar original Fiat Teile um den Sitz fachgerecht einbauen zu können. Beim genannten Preis war es dann soweit, nach einem kurzen Zwischenstopp beim nächsten Bankomat, bei dem wir alles abgehoben haben was möglich war, konnten wir dann die neuen Sitze in der gewünschten Farbe, zwei Drehkonsolen, ein Sitzuntergestell, Adapterplatten und Fiat Sitzschienen einladen. Herr Riedel hat mir noch einiges von seiner Erfahrung mitgeben, im Gespräch hat sich heraus gestellt, dass er noch zwei gebrauchte Midi Heki Dachluken mit Kurbelantrieb hat. Eine Dachluke habe ich dann deutlich unter dem halben Listenpreis gekauft, es ist sich bis auf den letzten Euro den wir eingesteckt hatten ausgegangen. Wir durften dann auch noch das WC benutzen weil für einen Besuch in einer Raststelle hatten wir einfach kein Geld mehr. Nach dieser netten Begegnung sind wir in Richtung Passau zu unserer zweiten Verabredung gefahren. Auch in Inning am Holz wurde ich von einem kompetenten Gewerbetreiben bestens bedient und bekam während des Einladens so einige Tipps mit auf den Weg. Wir sind wohlbehalten zu Hause mit einem recht vollen Auto angekommen, diese Art von Shopping hat mir gut gefallen, die kann ich mir aber nicht allzu oft leisten.
Beim Ausbau der originalen Sitze habe ich dann auch einen Blick unter den Kunststoffboden geworfen und dabei die Rückstände von so mancher Cola Dose und anderer Grauslichkeiten gefunden. Also muss alles raus und einmal wirklich sauber gemacht werden. Was ich an Imbus Schlüssel, Messerklingen, Schrauben, Nieten und anderen Werkzeugen gefunden habe ist unglaublich. Besonders die Klinge in den Kabeln des Airbag Steuergeräts hat mich nicht erfreut. Unter der linken Einstiegsabdeckung habe ich auch noch einen kleinen See gefunden, es braucht neue Türdichtungen und eine Reinigung der Ablässe und etwas Lack. Nach etlicher Zeit war alles blitze blank und sauber und ich konnte die neuen Sitze montieren. Die alten habe ich auf die Ladefläche gestellt und sehr billig auf Willhaben angeboten, wo sie innerhalb weniger Tage einen Käufer gefunden haben. Die neuen Dreh Konsolen und die neuen Sitze zu montieren war natürlich eine angenehme Arbeit obwohl die Teile ganz schön schwer sind.
Die Planung ging gut voran ich möchte auf jeden Fall auch vom Gewicht her ein legales Auto haben darum habe ich mir auch entsprechende Spalten für das Gewicht angelegt, als Startgewicht habe ich mir die 2040kg aus dem Zulassungsschein eingetragen. Mit 3500kg höchstzulässiges Gesamtgewicht war meine Rechnung simpel, 500kg Nutzlast sollen bleiben, also kann ich 800kg einbauen und habe noch immer Reserven. Das habe geglaubt bis ich das Auto vollgetankt zur Waage bei unserem Entsorger gekommen bin: 2270kg hat die angezeigt, ok die Waage ist kaputt war mein logischer Schluss und bin zum Lagerhaus gefahren und diese Waage hat überraschender Weise 2270kg angezeigt! Ich habe bis heute keine Ahnung wo diese 230kg herkommen! Irgendwann habe ich den Schock überwunden und mein Ziel auf 650kg maximal Gewicht der Einbauten festgelegt. Ich habe beschlossen die verbeulte und rostige Stufe an der Hecktüre ersatzlos zu streichen und dieses Teil abzubauen, 25kg gewonnen. Es ist zu einer Herausforderung geworden und zwar wegen dem Reserverad! Die Herrschaften die die Stufe relativ roh eingebaut haben, haben auch den Mechanismus mit roher Gewalt modifiziert und nicht gerade original montiert. Was soll ich sagen, das Reserverad bewegt sich keinen Millimeter! In meiner Not habe ich alles mit MOS2 getränkt und diese Soße wirken lassen. Es gibt ja noch genug anderes zu tun war meine Überlegung und habe begonnen die seitlich Kunstoffblenden abzubauen wie es mir der ÖAMTC Techniker empfohlen hatte. Es ist schnell aufgeschrieben hat aber Wochen gedauert bis alle Blenden (vom Fahrerhaus nach hinten) abgebaut, dahinter poliert und dann wieder moniert worden sind. Im Bereich der Radkästen habe ich so manche Roststelle beseitigt, zum Glück war aber alles sehr oberflächlich. Nach mehr als einer Woche habe ich es dann geschafft das Reserverad und dann auch die „blöde“ Stufe zu demontieren. Die Reserveradfelge habe ich entrostet und neu lackiert, das sieht zwar keiner aber ich weiß ja wie es aussieht. Den Mechanismus habe ich Wochen später gängig gemacht und mit einem neuen Winkel wieder montiert. Mittlerweile ist es Mai geworden und mit den Sonnenstrahlen sind die Wände auch warm genug geworden um die dunkle Folie auf Fensterhöhe zu entfernen. Das hat zwar zumeist recht gut funktioniert, die Folie war relativ schnell weg – die Klebstoffrückstände sind nur mit einem alten Frottierstoff und Spiritus zu entfernen gewesen. Als Motivation und damit ich mit diesem Auto ohne Angst zurück schieben kann, habe ich mir eine Rückfahrkamera bestellt und als Anzeige ein Autoradio, dass dann Mediacenter heißt gekauft und auch eingebaut. Dann ist es zurück zur Pflege der Außenhülle gegangen. Ich hoffe auch den Grund für den Wassereintritt gefunden und behoben zu haben, die Testfahrt steht noch aus. Einen Punkt der Kosmetik der aber meiner Meinung nach viel ausmacht ist die Behandlung der Kunststoffteile mit Hitze. Aus dem vergrauten Teil wird wieder ein glänzend schwarzer Teil wenn man das Heissluftgebläse richtig einsetzt. Der Hohlraumschutz des Aufbaus hat überraschend gut funktioniert, nur die zweite Wachsschicht hat etwas Wärme gebraucht um das der Düse zu kommen. Irgendwann in dieser Phase habe ich die 2 Meter Regel definiert. Damit kann ich mit den unendlich vielen keinen und kleinsten Dellen leben und muss nicht verzweifeln, die 2 Meter Regel sagt ganz einfach: „Aus 2 Meter Entfernung soll das Auto gut aussehen, das reicht!“ Und Anfang Juli war es dann soweit mein Ducato war wieder schön und glänzt in der Sonne mit der schönen neuen Stoßstange.
Nach 4 Monaten Arbeit von der man nichts von Wohnmobil sieht kann jetzt endlich etwas eingebaut werden!