Sardinien 2021

Fahrvergnügen

Tag 9

Heute stand Motorrad fahren auf dem Programm, sonst nichts. Die erste kleine Abweichung fand gleich in der Früh statt. Andreas ging den Sonnenaufgang fotografieren und dann voll motiviert laufen. Ich bin voll motiviert wieder eingeschlafen. Nach dem obligaten Sprung ins Meer und der Dusche, schwang sich Andreas auf die Schöne, um fürs Frühstück einzukaufen. Gut gelaunt und gestärkt ging es dann ca. um 10:30 wirklich los.

Bei herrlichem Wetter schraubten wir uns mit unserer Schönen immer höher in die Berge, um schließlich auf einem Plateau auf 1084m anzukommen. Es hatte angenehme 20 Grad und die Gegend war wunderbar genauso wie die Anfahrt. Es war alles dabei – Spitzkehren, weitere Kurven und auch viel klein Klein, wie es Andreas zu nennen pflegt. Es ging den ganzen Tag so weiter die Berge rauf und runter und manchmal durch eines der wenigen Dörfer bei Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad. In einem, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe, haben wir dann zu Mittag einen Kaffee getrunken.

Andreas wollte mir heute eine Gegend zeigen wo es besonders viele und alte Korkeichen gibt. Er war 2017 mit Joschi, Julia und dem Rest der Gang dort unterwegs gewesen und ich kannte es bisher nur von Fotos. Unterwegs fiel uns immer wieder ein braunes Hinweisschild mit der Aufschrift Romanzesu auf. Ein braunes Hinweisschild bedeutet meistens Kultur, als beschlossen wir nachzusehen, worum es sich handelt.

Wir standen schlussendlich auf dem Parkplatz zu einer uralten Siedlung datiert auf 13. – 7. Jahrhundert vor Christus. Neben uns stieg gerade eine Frau mit Kind aus Feldkirch, Vorarlberg, in ihr Auto. Es sind wenige Österreicher auf Sardinien und dann triffst du jemanden mitten im Nirgendwo…. Der Besuch dieser Stätte hat sich auf alle Fälle ausgezahlt. Besonders beeindruckt hat mich, dass es eigene Versammlungs- und Kommunikationshäuser gab. Lange vor Christus war den Menschen offensichtlich bewusst, dass man miteinander reden muss, um Missverständnisse zu vermeiden und gemeinsame Lösungen finden zu können.

Es gab wundervolle Korkeichen und andere Pflanzen zu bewundern. Gelegentlich gab es sogar grünen Farn, meist ist er braun und vertrocknet. Es waren auch viele Eidechsen auf Steinen und Bäumen unterwegs. es gab einen Bereich, wo es aussah wie auf der Blockheide mit vielen großen Steinen, die Korkeichen passten halt nicht ganz. Andreas hat sich dann noch erkundigt, wie oft die Korkeichen geschält werden – alle 10 Jahre.

Nach dieser kulturellen Wissenserweiterung setzten wir unsere Fahrt fort und Andreas zeigte mir Lobe, von wo das Foto von Mario mit der Hausnummer 46 aus Keramik stammt. Für Nicht-Insider: 46 ist die Startnummer von Valentino Rossi. Anschließend fuhren wir nach La Caletta, wo Andreas und die Gang 2017 während der ersten Tour Quartier genommen hat. Tolles Hotel kann ich nur sagen. Wir haben noch ein Eis gegessen und für Julia die Apotheke fotografiert, wo sie damals ein Wärmepflaster kaufte (😉). Ich habe mich mit einem Korkrucksack zwei Geschäfte weiter beschenkt 😊.

Ohne größere Umwege oder unnötige Zwischenstopps sind wir dann nach S. Maria Navarrese zurückgefahren. Ich konnte die Fahrt sehr genießen, Andreas hatte auch seinen Spaß. Es ging/geht uns wirklich gut. Ein wichtiger Zwischenstopp vor dem Stellplatz musste sein – die kleine Pasticceria. Schließlich hatte sie Samstag und Sonntag geschlossen gehabt. Andreas kaufte wieder ein paar herrliche Köstlichkeiten für heute und morgen und eventuell auch noch Mittwoch ein.

Zurück am Stellplatz hieß es nur mehr raus aus der Montur, rein in die Badesachen und ab ins Meer. Um 19:30 schon bei Mondschein am Rücken in der ruhigen See zu treiben hat schon was 🙂. Inzwischen sind wir geduscht, haben gegessen und ein bisschen genascht und der Blog ist auch fertig. Ich denke, Andreas ist mit den Fotos auch soweit.

Gute Nacht und schöne Träume, Eva

Cagliari

Tag 10

Gestern beschlossen wir, dass wir heute nach Cagliari, in die Hauptstadt von Sardinien fahren werden. Diese liegt im Süden der Insel und in absoluter Reichweite. Andreas hat wieder eine tolle Route mit schneller Anfahrt und langsameren Heimweg geplant. Heute schafften wir es schon um 10:20 loszufahren, nachdem uns Andreas mit frischem Gebäck und Schinken versorgt hatte. Manche Annehmlichkeiten wie diese könnte er doch in der Pension aufleben lassen. Was meint ihr?

Wir fuhren zuerst auf der Schnellstraße, die über viele kleinere und größere Brücken und durch kürzere und längere Tunnel verlief. Gesäumt von der üblichen Vegetation – Kakteen mit Kaktusfeigen, die immer röter werden, sowie Oleander, mickrigen Feigenbäumen oder Schilf – war die Straße nicht nur freundlich sondern auch in tadellosem Zustand. Es ging also dahin.

Unser Ziel war das Castello-Viertel, das von einer mittelalterlichen Mauer umgeben ist und auf einem Hügel liegt und sich damit über die ganze Stadt erhebt. Dafür mussten wir erst einen Teil der Stadt durchqueren, die uns im Vergleich mit den Dörfern, die wir bis jetzt gesehen haben, riesig erscheint. Tatsächlich gibt es aber nur ca. 125 000 Einwohner. Wir kamen auch beim KTM-Händler vorbei. Ich bin froh, dass Denanni in Nuoro die Schöne reparieren konnten. Der Weg nach Cagliari wäre vor ein paar Tagen zu weit gewesen.

Nachdem wir die Schöne außerhalb des Castello-Viertels auf einem Motorradparkplatz abgestellt hatten, ging es wieder einmal ans Umziehen und Jacken, Hosen, Protektoren und Helme mit dem Stahlseil und Schloss zu sichern. Die Stiefel standen unter dem Motorrad und die Stützen hingen an den Handguards, weil sie so am besten trocknen und es scheint auch als Diebstahlsschutz geeignet.

Wir starteten unseren Rundgang bei der Bastione Saint Remy mit Stiegensteigen und oben angekommen mit Erkundung der Aussicht nach allen Seiten. Es gab einige sehenswerte Häuser mit tollen Balkonen aber auch sehr viel Desolates. Die Straßen waren eng und eher steil, es gab keine Gehsteige und dennoch waren viele Autos unterwegs. In das Viertel führen einige Tore, die sehr schmal sind. Die Durchfahrt wird per Ampel geregelt und als Fußgänger bist du eindeutig ein Hindernis.

Ein Highlight für mich war die Kathedrale, die ganz oben am Hügel steht. Die Fenster sind einfach, aber der Rest sehr prunkvoll. Auch in der Krypta gab es tolle Marmorböden und überall viele Heiligenbilder und Engelköpfe in Reliefform, die sich alle ähnlich sahen, aber doch verschieden waren. Zum Abschluss bestiegen wir um jeweils drei Euro noch den Glockenturm. Es waren nur 137 Stufen, wenn ich mich nicht verzählt habe. Wir gingen vorbei an den Glocken, die nicht mehr mit dem Klöppel sonder von außen angeschlagen werden. Noch ein Stück höher konnte man eine kleine Plattform betreten und Cagliari von oben bewundern. Den Rückweg trat ich wie gewohnt im Rückwärtsgang an. Erstens ist das besser für meine Kniegelenke und zweitens sehe ich in eher offenen Stiegenhäusern nicht gern hinunter. In Rovinj wäre ich deswegen beinahe nicht mehr den Turm hinunter gekommen.

Wir gingen dann noch ein wenig in dem Viertel spazieren und kauften uns dann gegenüber der Bastion noch ein Eis und etwas zu trinken. Dann machten wir uns auf den Weg zu unserer Schönen und schlüpften wieder in die Montur, um „auf schön“ zum Stellplatz zurückzufahren. „Auf schön“ heißt unter Motorradfahrern möglichst viele Kurven und wenn geht auch noch auf und ab dabei 🤩.

Andreas hatte eine fantastische Strecke ausgesucht mit vielen Kurven ein paar Pässen und schließlich fanden wir uns wieder auf einem Plateau auf über 1000m. Die Vegetation hatte sich verändert, es gab viele Sträucher und Latschen und viel Weidevieh. Die Kühe waren etwas dicker als sonst, da es doch ein wenig grüner war als näher zum Tal. Während der Rückfahrt haben wir Kühe, Schafe, Pferde, Schweine und nur wenige Autos gesehen. Stellenweise fuhren wir durch dichten Wald mir uralten Bäumen, dann kamen wir wieder an einem See vorbei, an dessen Ufer eine Herde Kühe lag bzw. stand. Eine Kuh stand sogar im Wasser. Irgendwie hatte es etwas von einer Westernidylle. Es war eine tolle Heimfahrt mit einer kleinen Pause zwischendurch, wo Andreas für uns frische Feigen von einem Baum am Straßenrand pflückte. Dieser Baum war nicht mickrig, da daneben ein Wasserrohr verlief und den Boden wässerte.

Heute waren wir etwas früher zurück und natürlich zur Abkühlung gleich wieder im Meer. Die Motorradkluft darf ausdampfen, auch heute hatte es in den Niederungen wieder bis zu dreißig Grad. Andreas hat die Jacken und Hosen heute früh mit Febreze behandelt. Ich denke, das kann er morgen wiederholen. Da Andreas bereits eingeschlafen ist, gibt es den Beitrag vielleicht erst morgen.

Wie auch immer, ich wünsche euch eine gute Nacht und erholsamen Schlaf, Eva

Acquario di Cala Gonone

Tag 11

Heute morgen bin ich zum ersten Mal, seit wir am Stellplatz stehen, vor Andreas aufgewacht und aufgestanden. Irgendwie fühlte ich mich nicht so besonders und hatte ein wenig Kopf- und Nackenschmerzen. Als ich den Himmel sah, der weder blau noch bewölkt sondern mit einem Schleier versehen war, hatte ich eine Erklärung oder Ausrede. Vermutlich war ich nur schlecht gelegen. Es sah aus, als ob es bald regnen würde und es war unheimlich schwül. Was macht man in so einem Fall, frau geht duschen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass das Wasser kalt sein würde. Die Kopfschmerzen waren weg und ich putzmunter.

Angesichts der Wetterlage stand ein lazy day auf dem Programm. Wir besprachen, was wir uns noch ansehen wollten und beschlossen morgen den Stellplatz zu wechseln. Wir wollen in den Norden. Andreas hat dann die Route geplant und einen geeigneten Stellplatz ausgesucht. Eigentlich wollte ich mir heute ein Mittagsschläfchen gönnen, aber es war viel zu schwül. Wir sind dann statt zu schlafen mit der Schönen ins Acquario gefahren, das ca. 65km entfernt liegt und leider nur über kurvenreiche Straßen zu erreichen ist. Es war wieder ein Vergnügen.

Andreas parkte die Schöne zwischen zwei Bäumen und wir wechselten wieder einmal das Outfit. Das Acquario war nicht sehr groß aber sehr fein und hatte wirklich viel zu bieten. Am besten hat mir die große Meeresschildkröte gefallen, die in Sizilien in Netzen gefesselt an Land gespült worden war. Dem Thema Plastik im Meer sind einige Ausstellungsbeiträge gewidmet. Obwohl das Acquario nur über 25 Becken verfügt, zeigen sie eine enorme Artenvielfalt. Diverse Fische vom kleinen Kofferfisch bis zu Rochen und Hai, Medusen, Seepferdchen, Seegurken, verschiedene Krebse und Seeigel und eine halbstarke Krabbe – kaum Körper aber mächtig lange Scheren. In einem Becken gab es sogar Eier mit Haiembryonen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Google hat mir dann verraten, dass 30% der Haie Eier legen, 70% sind lebendgebärend.

Ein kurzer Besuch im Shop endete damit, dass Andreas sehr erleichtert war, dass wir mit der Schönen ohne Koffer unterwegs waren. Ich hätte sonst bestimmt für jedes Enkelkind und auch für mich ein Stofftier gekauft, obwohl die Wahl schwergefallen wäre, da alle möglichen entzückenden Meeresbewohner zu haben gewesen wären. Wir gingen ohne Erinnerungsstücke zum Motorrad zurück und beschlossen eine etwas andere aber genauso kurvenreiche Strecke zurückzufahren. Unser Navi wollte noch eine kleine Zusatzrunde anhängen, aber Andreas beschloss abzukürzen, da er sich schon auf ein Eis und ich mich auf einen Cappuccino freute. Danach mussten wir noch in die kleine Pasticceria, da wir uns noch mit einem Vorrat für die nächsten Tage eindecken mussten.

Ihr werdet nicht erraten, was wir nach der Ankunft bei Karl gemacht habe. Wieso wisst ihr, dass wir uns wieder die Montur vom Leib geschält haben, ins Badezeug geschlüpft sind, um ins kühle Nass zu laufen? Sowohl das Ausziehen der angeschwitzten Motorradhose plus Leibchen als auch das Anziehen des Badeanzugs gestaltete sich etwas mühsam. Das Bad im Meer war es aber auf jeden Fall wert. Heute war das Wasser etwas kühler und es gab mehr Wellen als in den letzten Tagen. Geregnet hat es heute übrigens nicht und die Temperatur lag meist bei 29 Grad. Interessanter Weise war die anschließende Dusche anfangs angenehm warm und dann plötzlich kalt. Noch eine Erfrischung hätte ich nicht gebraucht.

Den restlichen Abend verbrachte ich mit Ausrasten und Lesen und Andreas machte sich noch auf die Suche nach Riesenbockerl, um sie Sophie mitzubringen. Nach dem Abendessen widmete ich mich dem Blog und Andreas war heute mit der Auswahl und Bearbeitung der Fotos schneller als ich. Heute werde ich den Wecker stellen, da wir erst morgen alles packen und sicher verstauen und nicht zu spät wegkommen wollen.

Für alle, die gehört oder gelesen haben, dass ein 60jähriger österreichischer Motorradfahrer in Sardinien tödlich verunglückt ist. Es war nicht Andreas! Die Österreicherin, die vom Moped den Abhang hinuntergestürzt ist und ebenfalls tot ist, war nicht ich. Es geht uns gut! Andreas fährt mit Hirn und ich habe gestern in der Kathedrale von Cagliari Kerzen angezündet und gebetet. Unsere Schutzengel fliegen SEHR schnell.

Gute Nacht, Eva

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